Nicht selten kommt es vor, dass Spaziergänger in Wald, Feld und Wiese auf „so mutterseelenallein herumsitzende“ Feldhasenbabies treffen und der Meinung sind, dass diesen Tieren ohne menschliche Hilfe der sichere Tod drohe. So werden diese Feldhasen von unwissenden Menschen einfach mitgenommen. Doch genau dort, wo sie gefunden wurden, ist ihr natürlicher Lebensraum. Feldhasen haben, ganz im Gegensatz zu den Wildkaninchen, keine Höhlen zur Aufzucht ihrer Jungtiere. Sie legen ihre Babies auf Feldern oder Wiesen in Mulden, den so genannten Sassen, ab und überlassen ihre Babies dem Schicksal. Feldhasenmütter sind „Rabenmütter“. Sie kommen in der Regel nur einmal am Tag zu ihren Jungen, um sie zu säugen. Da kann es natürlich schon mal passieren, dass man bei längerer Beobachtung eines solchen einsam sitzenden Babies auf den Gedanken kommen könnte, es wäre verstoßen und auf sich allein angewiesen. Doch so ist es nicht! Das ist sein Zuhause, seine Kinderstube, in der es glücklich ist. Begehen Sie bitte nicht den gut gemeinten Fehler, ein Feldhasenbaby aus irgendeiner Mulde herauszuholen, das wäre so, als ob Sie ein Menschenbaby aus seinem Kinderbett nehmen. Etwas anders sieht es aus, wenn Sie ein Feldhasenbaby irgendwo auf Asphalt, wie z. B. im Straßengraben oder auf dem Bürgersteig, herumliegen sehen. Da gehört nun wirklich kein Feldhase hin und bedarf dringend menschlicher Hilfe, da er sonst elendig verenden würde.
Die Handaufzucht von Feldhasenbabies unterscheidet sich deutlich von der von Wildkaninchen. Daher sollten Sie wirklich sicher sein, um welches Tier es sich handelt. Bitte vergleichen Sie die Bilder auf unseren Aufzuchtseiten einmal vom Feldhasen und dann vom Wildkaninchen. Auch wenn Sie der Meinung sind, Sie hätten ein Wildkaninchen, weil ja „… die Ohren noch so klein sind …“ bitten wir zu bedenken, dass jeder klein anfängt, und auch die später riesigen Löffel der Feldhasen bei einem Baby sehr klein und kurz sind.
Schauen Sie sich die Augen Ihres Findlings genau an. Haben sie in der Mitte eine dunkle Pupille mit einer deutlich abgegrenzten, wesentlich helleren Iris? Und ist das Fell vielleicht auch leicht kräuselig und meliert? Dann dürfte es sich bei Ihrem Kleinen um einen Feldhasen handeln. Ein Wildkaninchen hat fast vollständig dunkle Knopfaugen und ein glattes Fell.
Ganz wichtig ist, dass Sie vor Beginn einer Handaufzucht den Feldhasen wiegen. Anhand des Gewichtes kann man in den ersten Tagen relativ gut das Alter schätzen.
Bitte beachten Sie, dass Sie einen Feldhasen nie unter Rotlicht setzen! Er trocknet dabei aus! Ein Feldhase braucht kein Rotlicht, genauso wenig wie ein Wärmekissen oder eine Wärmflasche. Sein Fell ist von Natur aus so dicht, dass es ihn vor Kälte schützt. Die gut gemeinte Wärme aus der Lampe oder jeder zusätzlichen Wärmequelle kann ihn austrocknen! Feldhasen werden oberirdisch in einer Sasse geboren und sind von der ersten Minute an den Witterungsverhältnissen ausgesetzt. Sie sind von Natur aus so „ausgestattet“, dass sie damit fertig werden. Daher bitte zuhause nie zusätzlich wärmen, in der Natur wird ein Feldhase auch nicht gewärmt!
Feldhasen haben ein extrem empfindliches Verdauungssystem, das mit sämtlichen Zusätzen wie Dosenmilch, Traubenzucker, zusätzlichen Vitaminen etc. nicht viel anfangen kann. In den schlimmsten Fällen kann es zu den so gefürchteten Blähbäuchen mit Todesfolge kommen. Um dieses Risiko so gering wie möglich zu halten, ist es empfehlenswert, diese Tiere ausschließlich mit Katzenaufzuchtmilch wie Cimi Lac, KMR oder von der Firma Gimborn zu ernähren. Bitte keine Menschensäuglingsnahrung verwenden! Verwechseln Sie bitte auch nicht die Katzenaufzuchtmilch mit der normalen im Handel erhältlichen Katzenmilch. Die normale Katzenmilch, die meist schon fertig angerührt ist, ist auf keinen Fall zu verwenden! Die Katzenaufzuchtmilch rühren Sie bitte im Verhältnis 1 : 2 an, also einen gestrichenen Esslöffel Aufzuchtpulver und zwei Esslöffel Tee. Als Tee können Sie normalen Kamillentee oder auch Fencheltee verwenden.Sollten Sie auf die Schnelle keine Aufzuchtmilch bekommen, können Sie als Notversorgung für die erste Nacht auch ausschließlich eine der erwähnten Teesorten verwenden. Aber bitte immer nur als Notversorgung, bis Sie morgens schnellstmöglich die Katzenaufzuchtmilch besorgt haben. Nicht mehr als einige Stunden den Feldhasen nur mit Tee versorgen. Feldhasen dürfen nie länger als vier Stunden ohne Flüssigkeit auskommen. Obwohl Feldhasenmütter ihre Jungtiere nur ein- bis zweimal am Tag mit Milch versorgen, muss dies bei der Handaufzucht häufiger geschehen, da die Babies bei einer Handfütterung viel weniger Milch zu sich nehmen, als sie eigentlich bräuchten.
Die Fütterungen sollten ca. alle 4 Stunden erfolgen!
Das Geburtsgewicht eines Feldhasen beträgt um die 100 g. Ein gefundenes oder von Tieren angeschlepptes Baby mit gut 150 g ist ca. sieben Tage alt. Sie sollten versuchen, das Tier am ersten Tag an die Milch zu gewöhnen. Sie werden merken, dass es gar nicht so einfach ist, dem kleinen Wildfang die Milch einzuflößen. Am besten gibt man dem Kleinen Tropfen für Tropfen auf das Mäulchen, damit er auf den Geschmack kommt. Besonders gut zur Fütterung eignen sich Einwegspritzen (ohne Nadel), da man damit sehr genau dosieren kann. Wenn der Feldhase später größer ist, sollten Sie auf Aufzuchtfläschchen umsteigen. Einem knapp 150 g schweren Feldhasen sollten Sie zu Beginn der Handaufzucht um die 3 ml pro Mahlzeit versuchen einzugeben und diese Menge dann Tag für Tag erhöhen. Wenn der Kleine mehr haben möchte, lassen Sie ihn ruhig trinken soviel er möchte. Lehnt er aber nach knapp 3 ml die Milch ab, stopfen Sie ihn bitte nicht weiter voll, das kann zum Blähbauch führen. Sie werden sehen, dass er bei der nächsten oder übernächsten Fütterung wieder mehr Milch aufnehmen wird. Kleiner Tipp von uns für die ersten schwierigen Tage: Besorgen Sie sich in der Apotheke Einwegspritzen der Größe 2,0 ml, zusätzlich aus Ihrem Zoogeschäft die kleinen Gummisauger Nr.2 der Firma Gimborn (sind die einzig erhältlichen Minisauger) und stülpen diese über die Spitze der 2 ml Spritze. Passt wunderbar und ist für die ersten Tage eine wirklich Hilfe bei unwilligen Feldhasen.
Achten Sie bitte immer darauf, dass dem Kleinen keine Milch in die Nase läuft! Das kann zu Lungenentzündung führen!
Was nach jeder Mahlzeit nicht vergessen werden darf, ist die Massage des Bäuchleins, da es sonst zu Koliken kommen kann. Den Bauch immer sanft Richtung Darmausgang massieren, damit die Verdauung in Gang kommt.
Es ist sehr schwer, ein Feldhasenbaby von Hand aufzuziehen. Es kommt sehr häufig zum Tode der Tiere. Dies liegt einfach daran, dass sehr viele Feldhasenbabies Krankheitserreger in sich tragen. Durch die gute Feldhasenmuttermilch wird ihr Immunsystem allerdings sehr gut aufgebaut. Diese jedoch fehlt bei der Handaufzucht. Fast alle Feldhasenbabies sind meist an Kokzidiose erkrankt, die unbehandelt innerhalb weniger Tage erst zu Durchfall, Torkeln und dann zum Tode führt. Ist der Durchfall bei Feldhasen erst einmal da, kann der Laie nicht mehr viel für seinen kleinen Zögling tun. Da die in der Veterinärmedizin erhältlichen Medikamente gegen die Kokzidiose leider von den Feldhasen nicht vertragen werden, muss man auf ein Medikament aus der Humanmedizin zurückgreifen. Dies sollten Sie auf alle Fälle auch schon prophylaktisch machen, um den Erregern gar nicht erst die Möglichkeit zu bieten, sich auszubreiten.
Bitte besorgen Sie sich folgendes Antibiotikum aus der Apotheke: „Cotrim-K. für Kinder“, ist aber verschreibungspflichtig. Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt, gegebenenfalls auch mit Ihrem Hausarzt. Cotrim-K. dosieren Sie bitte wie folgt: Pro 100 g Körpergewicht geben Sie 0,1 ml Cotrim-K. nach der Milchmahlzeit. Das machen Sie bitte 2 x am Tag. Cotrim-K. wird von Feldhasen wunderbar vertragen und ist das Mittel gegen Kokzidien. Kokzidien sind die häufigste Todesursache bei Feldhasen. Zudem hilft Cotrim-K. auch bei diversen anderen Erkrankungen, wie z.B. Erkältungen, Lungenentzündungen oder Nierenerkrankungen etc., alles, was Feldhasen so mitbringen. Cotrim-K. geben Sie bitte mindestens zehn Tage lang. Da sich Antibiotika allerdings immer in irgendeiner Weise auf den Magen- und Darmtrakt negativ auswirken, sollten Sie, solange Sie Cotrim-K. verabreichen, zusätzlich Milchsäurebakterien zufüttern. Dies können Sie in Form von „bene bac“ oder „Lactogel“ machen. Beides erhältlich bei Ihrem Tierarzt.
Von Anfang der Aufzucht an muss dem Feldhasen Heu in seiner Umgebung zur ständigen Verfügung stehen. Auch wenn seine Zähne noch so klein sind, wird er sehr früh anfangen, die Heuhalme zu bearbeiten, und dies ist wichtig für die Entwicklung seiner Zähne.
Der Feldhase benötigt bis zu einem Gewicht von 600 g, besser noch 800 g, seine Aufzuchtmilch. Allerdings können Sie ab einem Gewicht von gut 300 g mit der zusätzlichen Gabe von Grünfutter anfangen. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass ab diesem Gewicht die Gefahr des Durchfalls aufgrund der Futterumstellung fast gar nicht mehr gegeben ist. Je älter der Feldhase wird, desto mehr sollte der Anteil an Grünfutter überwiegen. Ab einem Gewicht von 500 g bis 600 g reduzieren Sie bitte die Milchfütterung deutlich runter. Nicht die Menge der Milch pro Mahlzeit, sondern die Häufigkeit der Fütterungen. Füttern Sie ab 600 g z.B. nur noch einmal am Tag Milch und zwar dann bitte als Abendfütterung, so wie es in der Natur auch durch die Mutter geschehen würde. Je mehr Sie die Milch reduzieren, desto mehr Frischfutter muss er bekommen. Denn in der Natur, in die er ja bald wieder entlassen werden soll, findet er hauptsächlich Grünfutter, und darauf sollte seine Verdauung eingestellt sein. Zwischen ca. 800 g bis 1 kg sollte der Hase dann nur noch ausschließlich Grünfutter erhalten.
Bitte versuchen Sie den Feldhasen so artgerecht wie möglich zu ernähren. Das heißt kein handelsübliches Trockenfutter für Kaninchen, kein Brot, keiner Haferflocken o.ä. All diese Sachen stehen in der Natur nicht auf dem Speiseplan eines Feldhasen und haben somit in der Handaufzucht auch rein gar nichts zu suchen.
Ab einem Gewicht von gut einem Kilo ist der Feldhase soweit, dass er ausgewildert werden kann. In der Natur, durch die extrem nährstoffreiche Milch der Feldhasenmutter, erreichen Jungtiere ein Gewicht von einem Kilo schon nach ungefähr vier Wochen. Bei der Handaufzucht ist dies allerdings ausgeschlossen, auch wenn einige Informationen im Internet dies behaupten. Auch die im Internet geisternde Behauptung, ein Feldhase sollte pro Tag ein Drittel seines Körpergewichtes an Milch zu sich nehmen, ist mehr als zweifelhaft. Ein von Hand aufgezogener Feldhase wird in der Regel 8 bis 10 Wochen bei Ihnen bleiben, um dieses Gewicht zu erreichen. Natürlich wird es auch den einen oder anderen geben, der so extrem viel Milch von Anfang an aufnimmt, dass er sehr schnell sein Auswilderungsgewicht erreicht, dies wird aber eher der seltene Fall bleiben. Daher sollten Sie sich sicher sein, dem Feldhasen über diesen Zeitraum auch die Möglichkeit der freien Entfaltung bieten zu können. Schließlich ist es ja auch nicht nur damit getan, den Feldhasen in einen Käfig zu setzen und nach 8 oder 10 Wochen wieder auszuwildern. Das geht nämlich überhaupt nicht. Ein Feldhase braucht extrem viel Bewegung. Sie dürfen ihn nicht in einen Käfig sperren. Er sollte von Anfang an jeden Tag ausgiebig laufen können, damit sich seine Muskeln entwickeln können. Schließlich springt ein ausgewachsener Feldhase bis zu zwei Meter hoch und läuft bis zu 70 km/h schnell. Dies kann er aber nur, wenn er von Anfang an die Möglichkeit hat, seine Muskulatur zu entwickeln.
Sollten in Ihrem Haushalt auch Kinder leben, bitte machen Sie Ihren Kindern von Anfang an klar, dass der Feldhase kein Haus- und schon gar kein Schmusetier ist. Der Feldhase, auch wenn er als Baby noch so klein und süß ist, muss in geeignetem Alter unbedingt wieder in der Natur zurück. Die ist sein Lebensraum. Nicht das kleine Gehege im Garten oder gar ein Kaninchenkäfig in der Wohnung. Vermeiden Sie bitte jegliche zusätzliche Berührung mit dem Feldhasen. Auch wenn er klein und süß aussieht – er ist kein Schmusetier! Die Natur hat dies für das Feldhasenbaby nicht vorgesehen, und daran sollte man sich auch unbedingt halten. Bitte auch nicht dem Drang übereifriger Lehrer nachkommen, die den Kindern einreden, sie sollten das Feldhasenbaby als Anschauungsobjekt in den Unterricht mitbringen. Ein Feldhasenbaby braucht Ruhe.
Dass im Haus lebende Hunde oder Katzen gar nichts in der Nähe des Feldhasen zu suchen haben, ist völlig selbstverständlich. Hund (Fuchs) oder Katze sind die Feinde des Feldhasen. Gewöhnen Sie den Hasen gar nicht erst daran, dass Hund oder Katze doch so lieb und verschmust sind. Das wäre in der Natur sein sicherer Tod!
Leider kommt es, gerade bei extrem jungen Feldhasen, immer wieder zu den gefürchteten Blähbäuchen, die in vielen Fällen tödlich enden. Sollte es trotz aller Vorsicht zu einem Blähbauch kommen, können Sie sehr gut das aus der Humanmedizin bekannte Sab Simplex (erhältlich in der Apotheke) zusätzlich verabreichen. Der/die Kleine(n) benötigen alle 2 Stunden 1 ml Sab Simplex pur! Dabei muss immer der Bauch massiert werden. Solche Massagen können sich auch über Stunden hinstrecken. Sollte es sich um einen mittlerweile steinharten Bauch handeln, geben Sie ca. 1 Stunde nach der Sab-Simplex-Gabe einmalig 0,5 ml Paraffinöl oral und es wird kräftig weitermassiert. Sollte der Kreislauf des Tieres versagen, kann man gut 4 Tropfen schwarzen Kaffee verabreichen (aber bitte normalen und keinen „Hallo wach“ Kaffee!). Paraffinöl bitte nur im absoluten Notfall anwenden, nie prophylaktisch! Sollte Stunden später noch keine Besserung eingetreten sein, muss der Kleine einem Tierarzt vorgestellt werden, um ein entkrampfendes Mittel gespritzt zu bekommen. Man sollte nur Nutzen und Risiko eines solchen Tierarztbesuches gut abwägen, da die Babies den Stress in der Praxis nicht gut vertragen und meist kurz darauf vor Schreck sterben.
Sollten Sie weitere Fragen haben, stehen wir Ihnen gerne unter 0152 34329691 (Erstkontakt Whats App) zur Verfügung.
Um einem Feldhasenbaby aber den bestmöglichen Start in sein Leben zu geben, sollten Sie ihn bitte in erfahrene Hände geben. Erfahrene Stellen in Ihrer Nähe können Sie über folgende Facebookgruppe finden Wildtier – Notfälle
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